Mein Schreibprozess, Teil 1
Heute fange ich eine neue Serie an, die sich mit Überlegungen zum Schreiben im Allgemeinen und meinem Schreibprozess im Speziellen beschäftig. Was passiert da so im Kopf des Autors (in diesem Fall in meinem), wo kommen die Ideen her, wohin gehen sie hin (hoffentlich in eine Geschichte), und wie läuft das eigentlich ab, das Schreiben?
Heute: Planer versus Endecker.
Wer sich mit Schreiben von fiktiven Texten beschäftigt, hat die englischen Begriffe bestimmt schon gehört: Plotter und Pantser.
Letzteres hat übrigens nichts mit Kriegsführung zu tun, ist also kein falsch geschriebener Panzer, sondern leitet sich aus der Phrase „writing by the seat of your pants“ ab (ursprünglich „flying by the seat of your pants“) – lose übersetzt: aus dem Bauch heraus schreiben. Eine andere Bezeichnung für diese Art des Schreibens ist „discovery writing“, also jemand, der seine Geschichte entdeckt.
Der „Plotter“ ist – wie man sich denken kann – das Gegenstück, jemand, der die Handlung (auf Englisch „plot“) plant, bevor er zu schreiben anfängt. Es Plotter, die nur ein grobes Gerüst aufstellen, aber auch solche, die den Inhalt bis hinunter zur einzelnen Szene von Anfang an festlegen
Die Extreme auf beiden Seiten der Skala wären also folgende:
Einerseits der Entdecker, der planlos in den Wald seiner Geschichte stapft und sich einen Weg hindurch bahnt. Dabei kann es sein, dass der Weg krumm und chaotisch wird, auch mal ein Stück zurück führt und eventuell gar nicht dort herauskommt, wo der Autor ursprünglich dachte.
Auf der anderen Seite der Planer, der sich zielbewusst durch die Liste seiner Szenen durcharbeitet und nicht davon abweicht, dabei aber Gefahr läuft, eine gute Idee, die sich auf dem Weg anbietet, zu ignorieren, weil sie ja nicht im Plan enthalten ist.
Wie gesagt, das sind die Extreme, und ich weiß nicht, ob und zu welchem Prozentsatz diese Typen in Reinform existieren. Meine Vermutung ist, dass sich ein Großteil der Schreibenden irgendwo dazwischen bewegt, und das sich die Position jedes Einzelnen im Laufe des Schreibe-Lebens immer wieder ändert.
Wo stehe ich?
Ich habe als ziemlich starker „Pantser“ angefangen. Bei „Der Mond von Yazahaan“ habe ich einfach drauflos geschrieben und mich überraschen lassen, wohin mich die Geschichte und meine Hauptfigur führen. Das ging eine Weile gut, bis ich angefangen habe zu überlegen, wie das ganze wohl ausgehen könnte. Und schwup, war ich nicht nur mit dem momentanen Stück Weg beschäftigt, sondern habe begonnen, nach vorne zu schauen. Und je weiter ich in der Geschichte fortgeschritten bin, desto mehr habe ich angefangen, den Rest-Weg zu, ja genau, planen. (Ich sage nur: große Flipcharts auf dem Boden, Zeitlinien, farbmarkierte Listen) Als die erste Fassung fertig war, hab ich dann mit dem Wissen um das Ende angefangen, den Anfang zu überarbeiten.
Das ist übrigens eins der Geheimnisse der Entdecker: Man muss den Weg, den man findet, nicht genauso übernehmen. Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Abkürzung doch schöner wäre als das Stück mit den sieben Kehren, dann kürzt man halt ab. Es soll auch vorkommen, dass noch was fehlt. Aber meistens muss man kürzen (ich zumindest).
Mein momentanes Projekt „Daria und das Geheimnis der Ornamentwüste“ bin ich etwas anders angegangen. Zwar auch ohne Plan für die Handlung, aber ich habe am Anfang sehr viel über die Figuren nachgedacht, die sich eingefunden haben, um in der Geschichte mitzuspielen. Einen Teil dieser Gedanken ist in Text übergegangen, wieviel davon am Ende wirklich im Buch landen wird, muss sich noch zeigen. Auch hier wieder: Die Bereitschaft zum Kürzen ist essentiell. Zur Zeit bin ich ungefähr in der Mitte der Geschichte, und die Flipcharts liegen wieder auf dem Boden: u.a.. Mind Maps zu Darias Wünschen und Ängsten, ein grober Plan, wie es weiter gehen soll (ja, ich denke über das Ende nach!), Überlegungen zu den beiden Städten an Wüste und Meer, und noch viel mehr. Ich liebe Flipcharts!
Man könnte also sagen, momentan bin ich ein Entdecker mit einer Karte in der Hand, die er zwischendurch aktualisiert. Bin schon gespannt, wo genau ich aus dem Wald herauskomme, und was für interessante Ecken ich zwischendurch noch finde.
Der nächste Post aus dieser Reihe wird sich damit beschäftigen, wie die Welten meiner Geschichten entstehen.
Aber vielleicht kommt dazwischen noch etwas … Teuflisches? Etwas, das Anfang Oktober passieren soll? Bald, bald? Behalte mein Blog im Auge – und wenn du inzwischen Lust hast, mir deine Gedanken zum Schreiben zu erzählen, freu ich mich auf deine Kommentare!
Bis zum nächsten Mal!