Christoph Geschoßmann

Autoren-Interview mit Christoph Gschoßmann

Heute ist wieder Vernetzungs-Tag hier auf dem Blog! In der vierten Folge meiner Interview-Reihe habe ich Christoph Gschoßmann zu Gast, einen weiterer „Fund“ über Instagram. Er hat uns seine Roman-Reihe „Entkörpert“ mitgebracht, von der im August der dritte Teil erschienen ist. Teil 4 ist für Oktober geplant – ich kann dir heute aber schon das Cover zeigen!

 

Ich fange wieder mit ein paar Fakten an: Christoph ist 39 Jahre alt und lebt in München. Seine “Entkörpert”-Reihe erschien im Verlag @legionarion. Für ein Vorlesevideo oder für signierte Ausgaben seiner Bücher kannst du auf seine Website www.entkoerpert.de vorbeischauen. Auf Instagram findest du ihn unter @clashingsword .

Christoph Geschoßmann mit "Entkörpert"

Johanna:

Hallo Christoph, schön, dass du dir die Zeit nimmst, virtuell auf meinem Blog vorbeizuschauen! Ich gehe gerne als erstes zum Ursprung deines Autorendaseins: Wie bist du zum Schreiben gekommen, und kannst du den Moment benennen, seitdem du dich traust, dich selbst als „Autor“ zu bezeichnen?

 

Christoph:

Geschrieben habe ich schon vor den Romanen viel, zuerst aber jahrelang ausschließlich als Journalist. Dann wollte ich eine Veränderung, und etwas Dauerhafteres erschaffen. So startete ich 2014 mit “Entkörpert”. Mittlerweile, nach so vielen Hunderten Arbeitsstunden, nenne ich mich ohne zu zögern Autor, aber der genaue Moment ist im Nachhinein schwer festzupinnen. Aber ich finde, wer schreibt, darf sich Autor nennen – egal, wie viele Werke er oder sie veröffentlicht oder verkauft hat.

Die dystopische Reihe "Entkörpert", Band 1-3

Johanna:

Die Reihe „Entkörpert“ – so viel darf ich verraten – wird insgesamt aus 6 Bänden bestehen. Bisher erschienen sind „Entkörpert“, „Entflammt“ und „Entfesselt“. Im Oktober folgt „Entgeistert“. Die Titel von Band 5 und 6 sind noch geheim. – Hast du von Anfang an ein so umfangreiches Werk im Kopf gehabt oder hat sich das langsam entwickelt? Genauer gefragt: Wusstest du beim Schreiben von Band 1 schon, wo du hinwillst?

 

Christoph:

Dazu muss ich sagen, dass Band 1 und 2 von “Entkörpert” eigentlich als ein Buch verfasst wurden. In erster Fassung über 800 Seiten! Das war dem Verlag als ein Werk aber dann zu lang, und er schlug vor, es zu teilen. Deswegen werden es zwar sechs Bände, aber für mich sind es einfach drei lange Bücher. Und nein, ich wusste lange noch nicht mal, wie Buch 1 endet. Erst, als ich das Ende von Buch 1 – heute das Ende von Band 2 – geschrieben hatte, dachte ich aktiv über weitere Teile nach. Denn der Antagonist wird zwar besiegt, aber eigentlich eher entwurzelt und es werden viele Möglichkeiten für eine Neubetrachtung der Welt geschaffen. Da wusste ich, es gibt noch massiv viel zu erzählen. Also habe ich das Outline der restlichen Bücher konzipiert.

 

Johanna:

Die Prämisse von „Entkörpert“ ist, soviel ich weiß, einzigartig: Nach einem Ereignis, dessen Grund (bis jetzt?) nie geklärt wurde, trennen sich jede Nacht Körper und Geist der Menschen voneinander. Man wacht also nicht in dem Körper auf, in dem man eingeschlafen ist, sondern in einem fremden. Jedes Mal aufs Neue. Es gibt jedoch Leute, die immun sind und fest in ihren Körpern bleiben. Alle anderen wechseln, bis eine Erfindung zumindest einige in ihren Körpern festhalten kann. Mehr dazu verrate ich jetzt erstmal nicht. Aber zu meiner Frage: wie kommt man auf so eine originelle Idee?

 

Christoph:

Ich fand Storys wie “Die Bourne Identität” immer spannend – in denen der Protagonist durch eine Amnesie ganz von vorne anfangen muss, und der Zuschauer oder Leser sich Stück für Stück alles mit ihm erarbeitet. Ich weiß noch, ich bin im Park unter einem Baum gelegen und dachte – was, wenn ich jetzt hier in diesem Körper aufwachen würde, und wüsste absolut nichts? Über meine Umgebung, den Körper selbst, einfach ein kompletter Neustart. Und daraus entstand dann die Idee, das auszuweiten. Lustigerweise mit einem komplett gegenteiligen Ansatz wie bei “Bourne”: Die Erinnerungen sind das einzige, das man behält. Ansonsten startet man jeden Tag neu. Als Nächstes kam das Worldbuilding: Wie sieht die Welt aus, wenn wir uns nicht sicher sein können, in unserem eigenen Körper aufzuwachen? Was wird plötzlich wichtig, was komplett unwichtig? Wem kann man überhaupt noch vertrauen? Die Menschen entwickeln ganze Systeme dafür, um das zu bewerkstelligen. Und was findet man in den Körpern vor? Alte Erinnerungen? Kann sie jeder “lesen”? Und wie wird überhaupt der neue Körper ausgewählt? Mit all diesen Fragen sind die Figuren konfrontiert.

 

Johanna:

Mich hast du jedenfalls mit dieser Prämisse sehr zum Nachdenken gebracht. Wieviel von dem, was „ich“ ist, ist der Geist, wieviel ist der Körper? Im Laufe der Bücher gibt es dazu immer nuanciertere Antworten oder Ideen. Hattest du dir das von Anfang an so ausgedacht, oder hast du die philosophischen Feinheiten langsam entwickelt?

 

Christoph:

Das kam nach und nach. Eine Frage führt zur nächsten – so war es auch in der Konzeptionsphase, in der ich viel mit Mindmaps gearbeitet habe und jede noch so abstruse Idee weiter aufgefächert habe. Ich habe versucht, aus Perspektive der Charaktere zu denken. Es gibt manche, die finden es ganz furchtbar, ihren Körper zu verlieren, und andere, die finden es spannend oder gar natürlich. Als Leser erlebt man, wie es sich anfühlt, andere Körper zu bereisen, was – wenn man den ersten Schock abgelegt hat – natürlich unglaublich aufregend ist. Man kann in einem sportlicheren Körper aufwachen, in einem grantigen, in einem narzisstischen, einem brutalen, einem scheuen oder sanftmütigen. Seine Erinnerungen behält man, und doch agiert der Körper auch ein Stück weit selbst. Ist man dabei noch “ich”? Eine eindeutige Antwort gibt es, wie immer in der Philosophie, nie. Manche Körper lassen sich leicht dominieren, andere sind störrisch. Und dazu kommt die ethische Frage: Wie viel “darf” ich? Darf ich mich in einen anderen Körper träumen, nur weil ich das gezielte Träumen gelernt habe? Darf ich in den Erinnerungen des neuen Körpers lesen? Die ethischen und philosophischen Facetten dieser Welt sind endlos und je mehr Zeit vergeht, desto tiefer tauchen die Figuren auch darin ein. Denn zuerst fragt man meist nach dem “Was” und dem “Wie”, und erst im zweiten Schritt nach dem “Warum”.

 

Johanna:

Es ist ja heutzutage nicht leicht, einen Verlag zu finden. Wie hat deine Reise zur Veröffentlichung ausgesehen?

 

Christoph:

Ich hatte eigentlich schon aufgegeben! Nachdem ich mit Buch 1 fertig war, habe ich etwa 100 verschiedene Verlage und Agenturen angeschrieben. Ein oder zwei waren sogar interessiert, doch da hat es für mich nicht gepasst. Man bekommt als unbekannter Autor aber in gefühlt 95 Prozent der Fälle überhaupt keine Antwort. Die Verlage und Agenturen werden vermutlich überrannt mit Anfragen. Ich habe einfach weitergeschrieben, und hatte schon gar keine Energie mehr, neue Verlage anzuschreiben. Über eine befreundete Autorin aber habe ich erst von dem kleinen, aber feinen Legionarion-Verlag erfahren. Und das klappte dann aber sofort! Sie waren begeistert und ich auch. Ich bin sehr glücklich, immer noch dort zu sein und jetzt schon vier Teile veröffentlicht zu haben.

 

Johanna:

Verrätst du uns, wie weit du schon mit den letzten beiden Bänden der Reihe bist? Wann dürfen wir sie erwarten?

 

Christoph:

Gerade stecke ich in den allerletzten Epilog-Szenen von Buch 3, also was dann im Endeffekt Band 6 werden wird. Es fehlt also wirklich nicht mehr viel, dann ist die erste Fassung fertig. Ich hoffe, dass sie 2026 rauskommen! Auf jeden Fall kann ich versprechen, dass die beiden Teile wie bisher auch recht schnell nacheinander kommen.

 

Johanna:

Dann enthüllen wir mal das Cover von „Entgeistert“. Es passt wunderschön zu den anderen der Reihe. Ich gehe mal davon aus, dass die beiden letzten Bände auch dazu passende Cover bekommen. Hast du bei der Gestaltung mitreden dürfen?

Cover "Entgeistert"

Christoph:

Ja, ich war da sehr wählerisch und bin jetzt aber richtig zufrieden mit den Covern. Wer genau hinschaut, sieht, dass es zwar offensichtliche Ähnlichkeiten gibt, doch die Details so schön abzustimmen, wie sie jetzt sind, war gar nicht so leicht. Der Leuchtturm, die Neugestaltung des Einheitskreises, die Farbe, der Funkenflug … es muss schon alles zusammen passen.

 

Johanna:

Mich hat die Reihe jedenfalls komplett eingesaugt. Sie fällt definitiv in die Kategorie „Lieblingsbücher“. Apropos: Hast du noch einen Lesetipp für uns? Ein Buch, das dich besonders beeindruckt hat?

 

Christoph:

Wenn ich eine ähnliche Reihe empfehlen kann, die vor Kreativität nur so pulsiert, ist es “Grau” von dem Waliser Jasper Fforde. Die sogenannte Eddie-Russet-Reihe. Es geht auch um eine dystopische Welt wie bei mir, und eine ähnlich verrückte Idee: Die Gesellschaft ist strikt nach der Farbwahrnehmung organisiert. Wer mehr Farben wahrnehmen kann, hat mehr Macht. Wahnsinnig gut geschrieben!

 

Johanna:

Das Buch gehört auch zu meinen Favoriten! Diese Empfehlung kann ich also voll unterschreiben!

Vielen Dank, Christoph! Schön, dass du hier warst!

 

Christoph:

Ich danke dir für dein Interesse und deine wundervolle Unterstützung! Es ist ein Geschenk, sich mit Menschen austauschen zu dürfen, die das, was ich ausdrücke, berührt.

 

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Falls du jetzt neugierig geworden bist: Hier ist nochmal der Link zur “Entkörpert”-Reihe. Du kannst sie direkt auf der Website von Christoph bestellen. Oder überall sonst, wo du dir deine Bücher holst.

 

Im nächsten Blog-Post (in zwei Wochen) gibt es dann noch eine Rezension von mir zu Band 3, “Entfesselt”: Spoilerfrei für diejenigen, die die ersten beiden Bände schon kennen. Wenn du noch neu im “Entkörpert”-Universum bist, kannst du gerne auf meinem Instagram-Account in die Rezis zu Band 1 (Entkörpert) und Band 2 (Entflammt) hineinschnuppern.

Und wenn im Oktober Band 4 erscheint, gibt es dann auch hier eine Rezi dazu! Bleib dran!

 

Bis bald!

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